Die Mittelmeerreise

Die Mittelmeerreise

Roman eines Heranwachsenden

Info

An einem heißen Julitag 1967 geht der junge Hanns-Josef Ortheil mit seinem Vater an Bord eines schwer beladenen Frachtschiffes. Es ist der Beginn einer abenteuerlichen Fahrt von Antwerpen durchs Mittelmeer bis nach Griechenland und Istanbul. Die immer dramatischer werdende Reise führt dabei weit über alle vorherigen Grenzen hinaus: als großer, fesselnder Roman einer Odyssee ins Erwachsenenleben.

Hörprobe

Pressestimmen

»Ein großes Vergnügen! Ortheil vermag entspannt zu erzählen, man lässt sich mit Haut und Haaren auf diesen realen Lebensroman ein.«
Denis Scheck / WDR 2, 03.04.2019
»Wieder ein reiches und bereichernd reflektierendes Werk.«
Lars von der Gönna / Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 18.12.2018
»Man kann ›Die Mittelmeerreise‹ als Geburt eines Schriftstellers von Rang lesen. Das lohnt allemal die Lektüre.«
Michael Au / SWR 2, 25.11.2018
»Wer sich dem Erlebnis der ›Mittelmeerreise‹ aussetzt, kann allemal die Erfahrung machen, dass ihn Stil und Gegenstand einem sanften, aber unwiderstehlichen Sog aussetzen.«
Markus Schwering / Kölner Stadt-Anzeiger, 07.12.2018
»Viel mehr an innerer Bewegung kann man von einem Stück Literatur eigentlich nicht erwarten.«
Andrea Gerk / Deutschlandfunk Kultur, 13.11.2018
»Ortheils Erzählen imponiert durch die enorme Authentizität der Formulierungen.«
Ulf Heise / MDR Kultur, 19.11.2018
»Es beeindruckt, mit welch epischer Geduld sich der gelegentlich zu altklugen Betrachtungen aufschwingende Jugendliche schreibend die Welt aneignet.«
Rainer Moritz / Stuttgarter Zeitung, 14.11.2018
»Eine moderne Odyssee ins Erwachsenwerden.«
Madame, 14.11.2018

Leserstimmen

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(Durchschnittliche Bewertung / 13 Kundenrezensionen)
Julia, 24. Februar 2021
Schöner Roman
Ein Buch, das mitfühlend und auch voller Liebe gefüllt ist. Der Roman ist ohne Umschweifen geschrieben, und auch wenn es ein Roman ist, ist es ein Buch, das einen ergreift und mitzieht. Und ich konnte das Buch nicht weglegen, es hat mich in den Bann gezogen, und zwar so, dass ich das Buch in fast 2 Tagen durchgelesen habe. Das Buch ist nicht nur eine Geschichte, eine Reise und Liebe. Sondern auch der Ausbruch einer inneren Gefangenschaft. Bewegend dokumentiert und gleichzeitig ergreifend, was man lesen kann. Der Autor hat hier etwas geschaffen, was einen berührt hat. Neben einer flüssigen Schreibart konnte ich schnell reinkommen und das auch verständlich geschrieben. Nicht zu aufdringlich oder zu langweilig. Das Ganze hat bis zum Ende gehalten und ich würde den Autor immer wieder lesen. Ich kenne bis jetzt noch kein anderes Buch vom Autor gelesen, aber ich hoffe, ich bekomme bald noch eines, das würde sich lohnen. Es lohnt sich und daher kann ich das empfehlen. Ich gebe dem Buch 5 Sterne.
Bücherfreuden, 29. Dezember 2020
Eine besondere Reise
Als Passagiere auf dem großen Frachtschiff Albireo reisen Johannes und sein Vater im Sommer 1967 von Antwerpen nach Istanbul. Während der teilweise abenteuerlichen Fahrt beschäftigen sich Vater und Sohn mit den Irrfahrten des Odysseus, schließen Freundschaft mit verschiedenen Besatzungsmitgliedern und erkunden auf Landgängen Athen und andere Städte. Der Roman setzt sich aus Tagebucheinträgen, kleinen Geschichten und einem Reisebericht des damals knapp 16-jährigen Autors zusammen, ergänzt durch Aufzeichnungen des Vaters und Briefpostkarten an die Mutter. Aus der Beobachterrolle heraus versucht der junge Hanns-Josef Ortheil seine Umgebung zu begreifen und seinen eigenen Platz darin zu finden. Stets reflektiert er seine eigenen Gefühle, Erfahrungen, Wünsche und Wahrnehmungen. Herausgefordert durch den Stewart Denis, der Johannes mit seiner Liebe zur klassischen Musik und seinen literarischen Fingerübungen für einen weltfremden Langweiler hält, lässt er sich zunehmend auf Unbekanntes ein – er probiert alkoholische Getränke aus, besucht mit Denis eine Tanzveranstaltung in Patras und lässt sich von einer jungen Griechin küssen. So wird die große Fahrt durch den atlantischen Ozean und das Mittelmeer für ihn auch eine Reise ins Erwachsenendasein. Was diesen außergewöhnlichen Reisebericht interessant macht, ist zum einen die lebendige, detailreiche Schilderung von Eindrücken, Charakteren und Erlebnissen. Zum anderen bietet der sprachlich bemerkenswerte Roman einen unverfälschten Einblick in das Gefühlsleben eines jungen Menschen an der Schwelle zur Erwachsenenwelt. Äußerst lesenswert, ganz besonders, aber nicht nur für Griechenlandfreunde!
Leseherz, 08. Oktober 2020
Ein toller Roman
Wir lernen den 15-jährigen Johannes bzw. Hanns-Josef Ortheil kennen, der im Juli 1967 mit seinem Vater eine Mittelmeerreise antritt. Anfangs war die Begeisterung nicht allzu groß, doch je länger sie auf der Albeiro weilten, zwei ordentliche Meeresstürme erlebten schweißte es nicht nur Vater und Sohn mehr zusammen. Wir erleben, wie Hanns-Josef einen Entwicklungssprung macht. Er macht seine ersten Erfahrungen mit Alkohol (Kölsch zählt nicht!) und mit einer jungen Griechin Namens Delia. Sie lernen die verschiedenen Kulturen kennen und das macht das Buch, weil es eine wahre Geschichte ist, wirklich zu einem großartigen Roman. Mit Ernsthaftigkeit, aber auch einem Spritzer Humor schippert man mit von Antwerpen bis nach Istanbul.
schmoekerstunde, 31. August 2020
Eine wunderbare Geschichte über das Erwachsenwerden
schmoekerstundes Profilbild schmoekerstunde Die Mittelmeerreise von Hanns-Josef Ortheil 636 Seiten Werbung: das Buch wurde vom Verlag zur Verfügung gestellt Um was es geht: An einem heißen Julitag 1967 geht der junge Hanns-Josef Ortheil mit seinem Vater an Bord eines schwer beladenen Frachtschiffes. Es ist der Beginn einer abenteuerlichen Fahrt von Antwerpen durchs Mittelmeer bis nach Griechenland und Istanbul. Die immer dramatischer werdende Reise führt dabei weit über alle vorherigen Grenzen hinaus: als großer, fesselnder Roman einer Odyssee ins Erwachsenenleben. Fazit: Man braucht Geduld, Geduld, einen langen Atem und die Vorfreude auf eine außergewöhnliche Geschichte. Es ist ein wunderbares und ganz hervorragend geschriebenes Buch. Eine Erzählung, die von einer gewaltigen Sprache lebt. Eine Reise ins Erwachsenenleben, teilweise auf den Spuren der griechischen Mythologie, aber auch eine wunderbare Vater-Sohn-Geschichte. In manchen Passagen ein wenig zu lang. Das ermüdet und langweilt. Insgesamt ein ungewöhnlich detaillierter und lesenswerter Reisebericht.
Mirjam Lutter, 19. August 2020
Ein mitreißender Reisebericht
"Die Erfindung des Lebens ", mein erster Roman des Autors, hat mich nur teilweise überzeugt. Dieses Buch hingegen hat mich absolut begeistert. Ich war in den letzten Tagen mit Leib und Seele Teil dieses großartigen Abenteuers und habe die Geschichte regelrecht aufgesaugt. Die verschiedenen Charaktere der Crewmitglieder und die besondere Beziehung zwischen Vater und Sohn hat dem Buch außerdem eine ganz besondere Tiefe verliehen. Ich habe viel gelernt über Kultur, Geografie und Nautik und es hat mir großen Spaß gemacht, diesen sprachlich sehr ansprechenden Roman zu lesen. Beeindruckend, welches Talent der Autor schon als Jugendlicher gezeigt hat. Von mir eine klare Leseempfehlung!
Buchtraum, 22. Juli 2020
Großartiger Autor
Vor sechs Tagen habe ich das Buch beendet, und seitdem schiebe ich die Rezension vor mir her. Nicht weil mir das Buch nicht gefallen hätte, auf keinen Fall. Aber der Autor hat es mir etwas schwer gemacht in diesem Fall. Hanns-Josef Ortheil ist Professor für kreatives Schreiben und Kulturjournalismus. Seine Kariere als Pianist musste er relativ schnell abbrechen, mehrere Sehnenscheidenentzündungen haben das Spielen unmöglich gemacht. Er schreibt seitdem er ein Kind ist, beruflich auch in die Richtung zu gehen war deshalb nur sinnvoll. Also ist er Autor geworden und mit dem ersten Buch, das ich von ihm gelesen habe, hat er sich einen festen Platz unter meinen Top Ten Autoren gesichert. Meine Begeisterung war also groß, als ich ein Buch von ihm im Bloggerportal von Random House gesehen habe, dann habe ich mich direkt an die Arbeit gemacht und noch weitere gesucht. Insgesamt habe ich drei gefunden, angefragt und auch alle drei bekommen. Schon für Die Mittelmeerreise habe ich allerdings 10 Tage gebraucht. So schnell ich sonst durch die Seiten fliege, ein Buch an einem Tag ist kein Problem, so lange habe ich hier für jeden Satz gebraucht. Mit 636 Seiten ist das Buch auch ziemlich lang, aber eher der Schreibstil ist die Herausforderung. Bei Seite 219 war ich vollkommen überzeugt. Ich habe in meinem Book Journal geschrieben, "genauso gut wie immer" und das heißt bei diesem Autor schon einiges. Besonders der Erzählstil hat mich beeindruckt, ein älterer Mann erzählt von einer Reise und zwar aus der Sicht eines 15 jährigen. Und das ist auch noch realistisch. An sich sollte diese Leistung schon einen Preis bekommen, so wenige Autoren schaffen das. Die Reise des Jungen und seinem Vater führt von Köln auf ein Schiff, dass über Griechenland zur Türkei fährt. Dabei passiert einiges und manchmal auch gar nichts. Die Reise dauert nicht mal einen Monat, jeder Tag hat also durchschnittlich 2 1/2 Seiten. Und jeder Tag wird auch ausführlich beschrieben. Mir war im Vorfeld bewusst, dass Johannes ein besonderer Junge ist. Er beobachtet viel, das andere nicht wahrnehmen. Das macht die Bücher so faszinierend. Aber irgendwann zwischen den einzelnen Stationen von Griechenland ist es mir zuviel geworden. Ich wusste, dass es noch weiter in die Türkei geht und in Griechenland ist auch wirklich das wichtigste passiert. Aber je weiter es auf das Ende zu ging, desto schneller wollte ich endlich fertig werden. Ob es an mir lag, das die lange Lesezeit einfach ungewohnt war, oder wirklich am Buch, das kann ich nicht mehr sagen. Mein Fazit: Ein tolles, wenn auch sehr sehr ausführliches Buch von einem großartigen Autor.
Karin Kizilkaya, 15. Juni 2019
Wunderbar!
Eine weitere, zauberhafte Beschreibung eines Lebensabschnittes und einer Reise. Michel Houellebecq hat einmal geschrieben, dass der Autor, den man sich aussucht, unbedingt ein Mensch sein muss, mit dem man gerne seine Zeit verbringt. Ich verbringe seit Langem meine Zeit am liebsten mit Hanns-Josef Ortheil, immer wieder.
Eva, 08. April 2019
Die Mittelmeerreise – eine Odyssee der Adoleszenz
„Das Kind, das schreibt“, wird erwachsen. „Die Mittelmeerreise“* von Hanns-Josef Ortheil versteht sich als inoffizielle Nachfolge von „Der Stift und das Papier“. Weil ich den Vorgänger so ins Herz geschlossen habe, wollte ich natürlich wissen, wie es weitergeht. Inoffizielle Fortsetzung zu „Der Stift und das Papier“ Hanns-Josef Ortheil vereint die Liebe zur Musik sowie zur Literatur in einer Person. Heute ist er Pianist, Schriftsteller und Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus. Das erfährt man, ohne die Nase tief in den über sechshundertseitenschweren Schmöker zu stecken. Es steht auf dem Schutzumschlag. Wer das Lesevergnügen von hinten aufzäumt, so wie ich, stolpert sogleich über die Nachbemerkung. Die Neuerscheinung lebt von jahrzehntealten Texten. Alle Texte dieses Buches sind 1967 entstanden, die kursiv gedruckten noch während der Reise, die normal gedruckten in den Monaten unmittelbar danach. Der Autor hat für das Buch Archivarbeit betrieben und all die Schriftdokumente aus dem Familienfundus in einem Buch zusammengefasst. Wenn ich jetzt eine Rezension verfasse, über wessen Arbeit schreibe ich dann eigentlich? Über die des jugendlichen Johannes Ortheil oder über die vom erwachsenen Schriftsteller? (Ich habe mich schon beim letzten Buch von ihm gefragt, wie man zu „Hanns“ mit Doppel-n kommt. Es ist die Kurzform von Johannes.) Der beschwingte Wechsel zwischen der Erzählperspektive „Kind“ und „sich erinnernder Erwachsener“ war genau das, was „Der Stift und das Papier“* für mich so reizvoll gemacht hat. Auch in diesem Werk wird gewechselt, zwischen Briefen und Tagebucheinträgen von ihm und seinem Vater (kursiv) sowie der eigentlichen Geschichte (recte). Ein Coming-of-Age-Roman im Mantel der Odyssee Während es mir beim letzten Mal schwerfiel, das Buch einer Textgattung zuzuordnen – Roman, Autobiographie oder vielleicht doch Ratgeber? – macht es mir der Autor diesmal leicht: Entwicklungsroman, im Speziellen handelt es sich um einen Coming-of-Age-Roman mit klaren Bezügen zur Odyssee. Wir schippern von der Nordsee in die Ägäis. Außerdem ist der junge Ortheil damit beschäftigt, auf dem Frachter Homer zu lesen. Er lernt bisher fremde Kulturen kennen und auch einiges über sich selbst. Der Roman muss zunächst an Fahrt gewinnen. Ehrlich gesagt geht es auf den ersten dreihundert Seiten nur schleppend voran. Klar, wir, als Leser oder Leserinnen, müssen uns erstmal in die Geschichte einfühlen. Denn wer war schon mal auf einem Frachtschiff? Eben. Nicht so viele. Aber zwischen den ganzen Beschreibungen der Verladetätigkeit, dem Tagesablauf auf dem schwimmenden Metallkoloss und der Route mit gelegentlichen Anlegepunkten vermisse ich den Plot. Der Autor verliert sich in einer Gedankenwelt und Personenbeschreibungen, dass man sich fragt: Wo soll das eigentlich hinführen? Ich bin womöglich ähnlich verloren wie Odysseus in der antiken Vorlage. Der fiebernde Wahn der Seekrankheit holt Johannes ein. Für mich ist das insofern interessant, als die Seekrankheit in gewissem Zusammenhang zur Histaminintoleranz steht, worüber ich einen anderen Blog führe, ansonsten geben die tagelange Übelkeit, das träumerische Delirium sowie der schwankende Horizont jedoch nicht sooo viel her. Obwohl, das Ganze hat mich zu einem Gedicht angeregt! Du hast den letzten Blogeintrag womöglich gelesen. Doch dann endlich die Ankunft in Patras! Wir haben wieder festen Boden unter den Füßen und endlich eine Story. Außerdem bekommen wir bald eine neue Figur vorgestellt. Was wäre ein Coming-of-Age-Roman ohne Love Interest? Im Kopf des Protagonisten, der freilich aus dem Ich heraus erzählt, schwirrt alsbald so einiges umher. Er verstrickt sich in Widersprüche, lässt Delia in dem Glauben, älter zu sein, als er ist. Schön zu lesen ist, dass auch die Sprache eine andere Qualität bekommt. Der trockene Reporterstil wird wesentlich genauer, tiefer und emotionaler. Ein Schreibstil, der begeistert Irgendwie muss man das Innenleben des pubertierenden Ortheil ja zu fassen bekommen. Ein paar besonders schöne Wortkreationen habe ich mir herausgeschrieben. Flüchtige „Schmetterlingsküsse“ zum Beispiel. So eine treffende Beschreibung für die vorsichtige Annäherung zwischen zwei Heranwachsenden! Ohne ins Kitschige abzudriften, stecken in der Formulierung die Schmetterlinge im Bauch und die zögerlichen Berührungen. Auf Seite 476 zieht Ortheil dann alle sprachlichen Register, um die überwältigende Schönheit des Sonnenuntergangs von Kap Sounion (kann ich nur bestätigen) in Worte zu fassen. Ein Sonnenuntergang läuft auf eine Gefühlserpressung hinaus, die meisten, die ihn erleben, werden weich und sentimental und geben sich der roten Wolkenzuckerwatte hin, als wäre sie der süße, alles ins Versöhnliche umbiegende Nachtisch (zum sonst bitteren Leben). Im normalen Sonnenuntergang steckt kaum ein Prozent Wahrheit, sondern eher sind darin neunzig Prozent Tschaikowsky und neun Prozent Elgar (der normale Sonnenuntergang ist also ein Mixgetränk, das auch noch …). Kap Sounion bietet aber einen anderen Sonnenuntergang, einen einzigartigen, unverwechselbaren. Allein wegen Seite 476, das gebe ich zu, freue ich mich, das Buch gelesen zu haben. Denn was Ortheil in „Der Stift und das Papier“ geschafft hat, Worte zum Auf-der-Zunge-Zergehen-lassen zu vermengen, gelingt ihm auch an dieser Stelle. Die genaue Beobachtungsgabe und, wichtiger noch, das präzise wie emotionale In-Worte-Gießen des Erlebten zeichnen Hanns-Josef Ortheil aus und machen ihn zu einem der zeitgenössischen Autoren, deren Werke ich in kürzester Zeit verschlinge, sie am Ende zuschlage und denke: Schade. Doch jedes Lesevergnügen kommt irgendwann an ein Ende. Die Lektüre dürfte Jugendlichen wie Erwachsenen gleichsam Freude bereiten. Der obligatorische doppelte Boden, damit sich beide Gruppen zwischen den Seiten wiederfinden, ist durchaus vorhanden, nicht zuletzt, da Ortheil, wie schon im Vorgängerbuch, seinen Vater auftreten lässt und so auch eine erwachsene Identifikationsfigur bietet. Wer zwischen Buchdeckel und -rücken gerne auf Reisen geht, hat mit der Mittelmeerreise ein willkommenes Transportmittel gefunden, das einen auf die Irrfahrt der Jugend mitnimmt. Doch keine Angst, spätestens auf Seite 636 ist wieder Land in Sicht.
Uljana Brunzema, 09. Februar 2019
Auf der Reise ins Erwachsenenalter
Auf der Reise ins Erwachsenenalter Eine neue Reiseerzählung ist Hanns-Josef Ortheil mit „Die Mittelmeerreise“ geglückt. Es ist die letzte Reise eines nunmehr sechzehnjährigen Sohnes mit seinem Vater im Jahr 1967 und setzt sich aus original Tagebucheinträgen zusammen. Diesmal geht es auf große Seefahrt für mehrere Wochen auf einem Frachtschiff. Von Antwerpen über Gibraltar, ins Mittelmeer und nach Griechenland und Istanbul führt die Reise. Mit an Bord ist eine illustre Gesellschaft der Schiffsbesatzung mit der Vater und Sohn in unterschiedlicher Weise oft skurrile Verbindungen eingehen. Die Lektüre der „Odyssee“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und wie wir es von den andern Reisen schon kennen, werden von unterwegs immer wieder Briefe an die Mutter geschrieben. Manchmal entlocken diese Briefe dem Leser ein Schmunzeln, weil immer wieder entscheidende Details ausgelassen werden, alles wie eine Postkartenidylle beschrieben, keine Rede von schwerer Seekrankheit oder erster Liebe. Diese Diskrepanz zeigt sich in diesem Buch besonders deutlich, der sechzehnjährige Sohn reift auf der Reise langsam zum erwachsenen Mann. Johannes ist sehr aufgeregt und ängstlich vor der Schiffsfahrt, eine Symbolik für die lange aufwühlende Reise durch seine Pubertät auch. Schön ist auch wie der Erzähler selbst sein Genre der „Reiseerzählung“ erklärt. Der Vater ist zunächst skeptisch, ob dann zu viel Seemannsgarn gesponnen wird und schreibt deshalb parallel ein Seereise-Tagebuch. Beide werden im Wechsel in diesem Buch zitiert und machen es dadurch schillernd vielschichtig. Sehr plastisch sehen wir nun die Einschiffung in Antwerpen vor uns, wie die ganze Fracht an Bord geht, das Personal langsam in Erscheinung tritt, kuriose Gestalten mit tragischen Hintergründen. Auch der Vater entwickelt und verändert sich in den Wochen der Reise. Ist er zuhause ein äußerst bewegungsaktiver Mensch, der sich viel mit der Land-Natur und Fauna beschäftigt, so muss er sich auf See in einem komplett anderen Biotop zurechtfinden. Er beginnt sich mit lauter Meeresthemen zu beschäftigen, fängt an zu malen und zu zeichnen. Durch die Weiten des Horizonts werden Phantasien bei ihm freigesetzt und bei Gibraltar beginnt er afrikanische Szenen, die Serengeti und afrikanische Städte zu malen, die er nur am Horizont erahnen kann, aber nie gesehen hat auf der Reise. Immer wieder wird die Odyssee evoziert, erst recht als das Schiff irgendwann die griechischen Gefilde erreicht. Und auch die Landgänge in Griechenland werden sehr eindringlich dargestellt, sehr berührend die Szene, wo Vater Ortheil in Patras für seinen Sohn ein Klavier ausfindig gemacht hat als Überraschung, auf dem der sehnsüchtige Musiker endlich einmal wieder die Tasten berühren darf. Hier in Griechenland beginnt auch die langsame Emanzipation des Sohns. Er besucht zum ersten mal mit Denis dem Stewart eine Discothek, lernt ein griechisches Mädchen kennen und näher kennen. Der erste Kuss. Und es entstehen sehr intime Szenen, jeder eigens in seinem Tagebuch, wo Vater und Sohn über das Küssen und die gegenseitige Nähe zueinander reflektieren. Eine zarte Unsicherheit entsteht plötzlich zwischen den beiden mit der sie erst umgehen lernen müssen. Und Johannes fällt plötzlich aus seiner geborgenen Sicherheit des wohlbehüteten wohlgebildeten Sohns. Wir trauen kaum unseren Ohren als wir von ihm hören: „Weil ich ein dämlicher halbwegs neurotischer Oberschüler mit noch dämlicherer Gymnasialbildung bin: Nicht ganz da oder nur halb entwickelt.“ So bringt er seine beginnende Pubertät auf den Punkt. So geographisch und seelisch weit gereist erreichen Vater und Sohn schließlich zusammen Istanbul, flanieren durch die Stadt und beobachten die Menschen und das Leben und die Unterschiede. Beide gehen als jeweils Andere aus der Seereise hervor, ein schönes Bild. Und wer Hanns-Josef Ortheil mit seinen feinen Beobachtungen mag, wird auch diese Reiseerzählung lieben.
Rabiata, 07. Januar 2019
eine faszinierende Schiffsreise
Dies ist mein erstes Buch des Autors. Daher kann ich zu seinem bisherigen Werk keine Vergleiche ziehen. Die Mittelmeerreise ist der vierte Teil von Reise-Aufzeichnungen, die Hanns-Josef Ortheil auf verschiedenen Reisen, die er als Kind und Jugendlicher mit seinem Vater unternahm, aufgeschrieben hat. Ich danke dem Verlag sehr für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Dies hat meine persönliche Meinung allerdings nicht beeinflusst. Die Reise-Erzählung fängt mit der Ankunft des Ich-Erzählers 1967 in Antwerpen an. Er reist mit seinem Vater an, um auf einem Frachtschiff eine Seereise zu unternehmen. Die Reise-Aufzeichnungen des Vaters und Tagebucheinträge des 15-jährigen Johannes sind zwischen die Erzählung gestreut. Die Entwicklung vom Jungen, der nur Interesse für eine Karriere als Pianist und das Schreiben aufbringt, zu einem jungen Erwachsenen, der seinen Horizont erweitert und erste Erfahrungen mit Frauen macht, wird wunderbar beschrieben. Die Sprache ist klar, manchmal poetisch, kaum pathetisch. Die kurzen Notizen des Vaters lassen die Geschehnisse aus einem anderen Blickwinkel betrachten. So ist das Buch abwechslungsreich und fesselnd geschrieben. Dabei sind die Erlebnisse an Land kaum weniger spannend, als diejenigen, die an Bord des Schiffes spielen, auf dem auf kleinstem Raum die unterschiedlichsten Charaktere ihren Platz haben, und wo auch kleine Reibereien und Spannungen nicht ausbleiben. Unter anderem sind der Steward Denis und der erste Offizier Mühlenthal erwähnenswert, die jeweils auf ihre eigene Weise einen Einfluss auf die Entwicklung des Jungen haben. Der etwa 10 Jahre ältere Denis gibt sich weltmännisch und erfahren und versucht, aus Johannes einen "richtigen Mann" zu machen, indem er ihn an Land in einen Club schleppt, in dem Johannes dann auch schnell Kontakt zu Delia bekommt, die sich zu ihm hingezogen fühlt, was Johannes absolut nicht verstehen kann. So erlebt man als Leser die Zerrissenheit des Ich-Erzählers mit und kann seine Zweifel und das Bedürfnis, sich älter zu geben, als man wirklich ist, um reifer zu wirken, absolut nachvollziehen. Mühlenthal hingegen bringt ihm die Philosophie näher und führt richtig gute Gespräche mit ihm, die ihm neue Gedanken nahebringen. Durch seine Erfahrungen an Deck und an Land, beginnt Johannes, seinen Platz in der Welt zu hinterfragen und öffnet sich für Neues. Schön ist auch das entspannte Miteinander von Vater und Sohn, die beide auf ihre Art, in den Briefen und Postkarten an die Mutter ihre Erlebnisse in abgeschwächter Form und auf schonende Weise formulieren, um die Daheimgebliebene nicht zu beunruhigen. Hin und wieder wird auch erwähnt, dass die Mutter herzkrank sei und nicht zu schwer belastet werden dürfe. Beispielhaft kann man da die Seekrankheit während des schweren Sturms bei der Atlantikpassage nennen: "Aus den Aufzeichnungen meines Vaters (12. Juli, 21.10 Uhr) Bedenklicher Zustand des Jungen. Fieber, enormes Schwitzen, sagt kaum ein Wort. (...) Postbriefkarte an die Mama (13. Juli, 13.54 Uhr) Liebe Mama, die Fahrt ist weiter herrlich und unkompliziert. Mit schweren Stürmen ist nicht zu rechnen. Wir fahren ruhig dahin, und alle an Bord sind guter Laune.(...)" Diese Abschnitte sind im Buch kursiv gedruckt. Sie entstanden während der Reise. Der restliche Text ist normal gedruckt und entstand erst in den Monaten nach der Reise. Die Episode mit der Bord-Zeitung fand ich auch toll. Es wurden einige Nachrichten erwähnt, die zur damaligen Zeit das Interesse der Welt weckte. Dadurch ergibt sich noch mal ein historischer Blick auf diese Reise. Es gibt auch manche skurrile Szene, wie die Kutschfahrt in Chalkis. Ich finde dieses Buch einfach toll geschrieben. Man kann es ganz wunderbar lesen, während man selbst auf Reisen ist. Dabei muss man aber nicht bis ans Mittelmeer fahren. Die Nordsee genügt vollkommen. Ich habe auf jeden Fall große Lust, die übrigen Bücher des Autors auch einmal zu lesen. Mir gefällt der Schreibstil sehr. Am Ende des Buches gibt es noch eine Karte von Europa. Ich hätte mich ja auch über ein paar Zeichnungen und Skizzen des Vaters gefreut, die die Zeit vielleicht im Familienarchiv überdauert haben. Die Zeichenleidenschaft des Vaters wird im Buch einige Male beschrieben und ich hätte zu gern einige Bilder der Reise gesehen. So habe ich lediglich einige Orte in Griechenland beschrieben, um meine Vorstellungen mit realen Bildern abzugleichen, beispielsweise vom Sonnuntergang am Kap Sounion. Es muss ein traumhafter Anblick sein! Wer gerne Reiseberichte oder "coming of Age"-Romane liest, wird von diesem 640 Seiten starken Buch nicht enttäuscht.
Michael Lausberg, 22. Dezember 2018
Ein lesenswertes Buch
Dies ist die Fortsetzung einer eigenen Reihe im Leben des Hanns-Josef Ortheil, seinen Reisen als Kind und Jugendlicher. In der jüngeren Vergangenheit erschien bereits „Die Moselreise“, zu denen der damals 12 Jahre alte Autor Aufzeichnungen verfasste, die in das Familienarchiv wanderten. Dort wurden sie von dem Erwachsenen Hanns-Josef Ortheil wiederentdeckt und leicht überarbeitet als Buch herausgebracht. Nach diesem Prinzip wurde auch „Die Berlin-Reise“, die sein Vater und er 1964 unternahmen, veröffentlicht. Nun folgt die Veröffentlichung „Die Mittelmeerreise“, die im Sommer 1967 auf dem Frachtschiff Albireo zusammen mit seinem Vater stattfand. Hans-Josef Ortheil ist damals 15 Jahre alt und auf der Schwelle zum Erwachsenwerden. Die Reise geht von Antwerpen durch den Ärmelkanal, den Golf von Biskaya und die Meerenge von Gibraltar bis nach Griechenland und Istanbul. Der neugierige Jugendliche saugt alles, was auf der Fahrt passiert und schreibt darüber. Er beschreibt die Atmosphäre auf dem Frachter und seine exakten Beobachtungen der dort anwesenden Personen auf der Reise. Er nimmt begierig, die Welt kennenzulernen, neue Eindrücke und Begriffe auf, die er hört und verarbeitet sie auf seine Weise. Analog zu seiner Odyssee durch das Mittelmeer und in die Welt der Erwachsenen liest er während der Fahrt die Homerische „Odyssee“, so dass seine Erlebnisse von der Lektüre und den realen Vorkommnissen auf der Reise geprägt sind. Die Liebe spielt in der Reisebeschreibung eine wichtige Rolle. Neben den Auswirkungen auf die Stimmung der Besatzungsmitglieder, als sich einer von ihnen in eine hübsche Argentinierin verliebt, stehen er und seine Gefühle selbst im Mittelpunkt. Auf einem seiner Landgänge in Griechenland, wo er auch die Stätten der Antike kennenlernt, trifft er die einheimische Delia und verliebt sich in sie. Auf der weiteren Reise in die islamische Welt des Mittelmeeres verarbeitet er dies und den ersten Kuss. Dies ist eine feinsinnige Beschreibung seiner ersten großen Entdeckungsreise auf einem Frachtschiff. Begierig darauf, das Leben kennenzulernen und die Welt zu sehen, verarbeitet er seine zahlreichen Eindrücke literarisch und zeigt dabei großes Talent. Durch die gleichzeitige Lektüre Homers verschwimmen oft Realität und Fiktion ineinander. Ein lesenswertes Buch.
Sigismund von Dobschütz/Buchbesprechung, 29. November 2018
Ein höchst emotionaler Reisebericht
Ein aus mehreren Gründen ungewöhnlicher Roman ist „Die Mittelmeerreise“ von Hanns-Josef Ortheil (67), im November beim Luchterhand-Verlag erschienen. Nach seiner „Moselreise“ (2010) und der „Berlinreise“ (2014) ist dies die Schilderung einer weiteren Urlaubsreise des Knaben Ortheil mit seinem Vater. Ungewöhnlich ist dieser detaillierte Reisebericht schon wegen seiner Mischung aus längeren Prosatexten des erst 15-jährigen Ortheil mit originalen Tagebucheinträgen und kurzen Essays, ergänzt durch einige zum jeweiligen Thema passende Reisenotizen des bald 60-jährigen Vaters. Sohn und Vater reisen als einzige Passagiere im Sommer 1967 auf einem Frachtschiff von Antwerpen, vorbei an Gibraltar ins Mittelmeer, in griechische Häfen und weiter bis Istanbul. Es ist die erste Auslandsreise des Latein- und Griechisch-Schülers und angehenden Pianisten. Sowohl auf hoher See als auch in den fremden Häfen überwältigen neue, intensive Eindrücke den bislang in Köln als Einzelkind eher in Klausur lebenden Knaben. Auch die vielen Gespräche mit den charakterlich so unterschiedlichen Schiffsoffizieren, aber auch mit dem Steward Denis, nur acht Jahre älter als er, prägen den noch unerfahrenen Jungen. Denis ist es, der den jungen Ortheil in Griechenland in die ihm völlig fremde Welt von Love, Drugs and Rock'n'Roll einführt. In einer Diskothek lernt Hanns-Josef die 23-jährige Delia kennen, die ihn spontan verführt und damit emotional überfordert. So gleicht diese Mittelmeerreise mit ihren Stürmen und überwältigenden Eindrücken für den Gymnasiasten Ortheil nicht nur der Odyssee des von ihm verehrten Dichters Homer, sondern wird für den Pubertierenden zu einer ganz persönlichen, verwirrenden Odyssee aus dem Kindesalter in die Männlichkeit. Der junge Ortheil beobachtet in seinen Reisenotizen nicht nur die Wandlung in sich selbst, seinen Weg in die Selbstständigkeit des Erwachsenen, sondern beginnt auch, seinen Vater und ständigen Begleiter – sowie aus der Ferne seine daheimgebliebene Mutter – aus neuem Blickwinkel, mit den Augen eines erwachsenen Sohnes zu sehen, der sich, statt sich wie bisher führen zu lassen, nun seinerseits um den bald 60-jährigen „alternden“ und herzschwachen Vater sorgt. „Die Mittelmeerreise“ wird alle Freunde Ortheil'scher Bücher sicher begeistern. Doch sollte man seine autobiographischen Bände „Die Erfindung des Lebens“ (2009) und „Der Stift und das Papier“ (2015) gelesen haben, um zu wissen, wie aus dem einst stummen Kind, das sich nur schriftlich mitzuteilen wusste, jede Beobachtung notierte und später zu Erzählungen ausarbeitete, ein so sprachgewaltiger Schriftsteller wurde. Es ist die Authenzität dieses Erzählens, die die Freunde seiner Bücher immer wieder, so auch in diesem neuesten Werk, begeistert. Wer Ortheils Bücher noch nicht kennt, mag das 635 Seiten starke Werk irgendwann, spätestens in der zweiten Hälfte wohl zu Recht langweilig finden. Spannt sich der Handlungsbogen anfangs nach dem Auslaufen und den Stürmen auf hoher See, über die ersten Landgänge bis hin zu den ersten romantischen und sexuellen Erfahrungen des 15-Jährigen mit der jungen Griechin noch auf, flacht er in der zweiten Hälfte des Buches mangels neuer Überraschungen wieder ab. Ortheils Art zu schreiben mag man oder man mag sie nicht. Doch ich schätze Ortheils "leise Art" zu schreiben, seine genaue Beobachtungsgabe und die heute bei vielen verloren gegangene Fähigkeit, sogar in Kleinigkeiten, scheinbar Nebensächlichem, noch etwas Großes zu entdecken.
fwe-blog, 17. Januar 2021
Eine besondere Reisebeschreibung mit kulturellem Tiefgang
Nachdem mich zwei frühere Bücher ORTHEILS ("Die Erfindung des Lebens" und "Das Kind, das nicht fragte") sehr fasziniert hatten, habe ich es nach einer Pause nochmal mit der Mittelmeerreise versucht. Davon will ich berichten. Der Autor verarbeitete in diesem Buch Aufzeichnungen von einer Reise, die er im Alter von 15 Jahren zusammen mit seinem Vater unternommen hat. Man schrieb das Jahr 1967. Der Autor erzählt also aus der Ich-Perspektive eines (frühreifen) Jugendlichen; seine literarische Umsetzung (von 2018) ist aber das Ergebnis eines weiten und weisen Rückblicks. Zur Rahmenhandlung: Vater und Sohn sind die einzigen Passagiere auf einem Frachtschiff, das von Holland aus längs der französischen und spanischen Küste ins Mittelmeer vordringt und dort Kurs zunächst auf Griechenland und dann auf Istanbul nimmt. Beschrieben werden insbesondere die Vater/Sohn-Dynamik und die zunehmend intensiven Beziehungen, die sich zu insgesamt fünf Besatzungsmitgliedern ergeben. Ausgiebige Betrachtungen richten sich auf das Erleben der Schiffsreise selbst, die u.a. durch einen dramatischen Sturm geprägt wird. Später rücken dann noch die Erfahrungen in den Fokus, die von dem Jungen und seinem Vater bei den Landgängen gemacht werden; dazu gehört auch eine erste Liebelei. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, um was es tatsächlich geht in diesem Buch, muss man kurz etwas zu den beiden Hauptpersonen sagen: Der Junge ist ein angehender Konzertpianist, der außerhalb der klassischen bürgerlichen Kultur- und Bildungswelt bisher wenig "normale" Realitätsberührungen hatte. Sein Vater, mit dem er extrem eng verbunden ist, widmet sich außer der Lektüre antiker Literatur hauptsächlich dem Zeichnen. Wie in allen anderen Bereichen und Interaktionen wirkt der 15-jährige auch im Kontakt mit dem Vater eher wie ein (gut entwickelter) junger Erwachsener - sowohl was den Inhalt, als auch die Form der Gespräche angeht. In den Beziehungen zu den Personen, die auf der "offiziellen" Seite des Schiffs residieren, werden jeweils andere (geschichtliche, philosophische, existenzielle) Bereiche und Perspektiven thematisiert, mit denen sich wiederum der Junge selbstreflektierend beschäftigt. Nach und nach entwickeln sich fast gleichberechtigte Freundschaften zu diesen Erwachsenen. Um es mal anders auszudrücken: Es wirkt alles ziemlich fremd, künstlich und gestelzt. Kaum ein Leser könnte sich vermutlich auch nur annähernd vorstellen, in diesem Alter (oder überhaupt als junger Mensch) so drauf gewesen zu sein. Verunsichert wird dieses ungewöhnliche Weltbild durch einen relativ jungen Bediensteten, der das "reale" Leben in diesen abgeschotteten Elfenbeinturm hineinträgt - in Form von "Drugs and Sex and Rock 'n Roll" (wobei ausgerechnet die harmlosen Beatles und ihr sanftes Liedchen "Penny Lane" als Ausgeburt der alternativen Gegenkultur hochstilisiert werden). Immerhin ermöglicht dieser junge Mann den Kontakt zum anderen Geschlecht - und damit einen Riesenschritt in eine bisher völlig unbekannte Erlebniswelt. Um es abzukürzen: Es ist ein besonderer Entwicklungsroman, eingebettet in griechische Dichtungen, Altherren-Gespräche und literarische, historische bzw. geographische Betrachtungen. Was könnte reizvoll sein, an diesem Roman? Es gelingt ORTHEIL (der einfach ein sehr guter Erzähler ist), den Leser nach und nach einzuweben in diese kleine, überschaubare und abgeschlossene Welt. Der Detailreichtum, die fein nuancierten Beobachtungen erzeugen eine fast meditative Atmosphäre. Als Reaktionen bleiben nur das Abwenden in genervter Langeweile oder das entspannte Sich-Einlassen auf das Tempo, auf den Rhythmus, auf die Wiederholungen. Man sollte sich Zeit nehmen für diesen Roman; mit einem Durchhecheln wird man dem Stoff und der literarischen Umsetzung nicht gerecht. Bei aller Wertschätzung, eine kleine Warnung sei ausgesprochen: Wer mit (heute eher ungewohnten) Bildungsbürger-Perspektiven gar nichts am Hut hat oder gar einen "normalen" zeitgeschichtlichen Einblick in die späten 60-iger Jahre sucht, findet das in diesem Buch sicher nicht. Wer jedoch einen kunstvollen Blick auf eine außergewöhnliche Biografie eines sehr früh gereiften jungen Mannes werfen will, kann gerne zugreifen.

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