Hanns-Josef Ortheil
Von einer Kindheit in Wuppertal: das berührende Panorama einer Gesellschaft nach dem Krieg
Ende der fünfziger Jahre zieht der sechsjährige Josef mit den Eltern von Köln nach Wuppertal in ein Haus voller Eisenbahnerfamilien. Er ist ein stark introvertierter Einzelgänger, der am liebsten nur Klavier spielen würde. Die Schule in Köln musste er abbrechen, in der neuen Heimat nimmt er einen zweiten Anlauf. Als er Mücke, die Tochter des Gemüsehändlers von gegenüber, kennenlernt, entwickelt sich zwischen den beiden Kindern eine enge Freundschaft, die ihm hilft, seine Hemmungen zu überwinden. Allmählich öffnet er sich auch anderen Menschen, wie etwa den Patres des Kreuzherrenordens, die ihm lautes Vorlesen und Singen beibringen, oder einem Jugendtrainer, der ihn im Langlauf trainiert. Den stärksten Halt aber gibt ihm das Aufschreiben von Geschichten, über Schwebebahnflüge entlang der Wupper, Expeditionen mit skurrilen Tieren im Zoo oder abenteuerlichen Kämpfen mit Jugendbanden in einem nahen Waldgebiet.
Berührend intensiv erzählt Hanns-Josef Ortheil vom inneren und äußeren Wiederaufbau im westlichen Nachkriegsdeutschland. "Schwebebahnen" ist die Geschichte eines anfänglich autistischen Jungen, der seine eigenen, von Musik getragenen Fantasiewelten entdeckt. Zugleich ist er das große Panorama einer zutiefst traumatisierten Gesellschaft, in der die Menschen ein stilles und vom zweiten Weltkrieg gezeichnetes Leben führen und angesichts eines wiederum drohenden Krieges noch immer angstvoll agieren.
Die Welt verstehen durch die Kunst: Hanns-Josef Ortheil erzählt seine ganz persönliche Geschichte des Sehens.
Oft beginnt das Schreiben mit einem Bild: In Hanns-Josef Ortheils literarischen Studien haben die präzise Beobachtung und die bildende Kunst immer eine große Rolle gespielt. Sei es bei den ersten kindlichen Experimenten mit einem Fernglas und langen Blicken durch die Fenster der elterlichen Wohnung ins Freie oder bei dem späteren Umgang mit Fotoapparat und Videokamera. Prägend waren danach die Kunstkontinente seiner Biografie: die Gemälde und Plastiken in den Kölner Kirchen der fünfziger Jahre, die Reisen nach Griechenland, Rom und Paris in den sechziger und siebziger Jahren, die moderne Kunst im New York der achtziger Jahre. Doch was genau sagt ein Bild anderes als ein Text? Hanns-Josef Ortheil unternimmt eine autobiographische Reise zu jenen Momenten seines Lebens, in denen sich seine Sicht auf die Welt durch die Kunst verändert hat. So erzählt er packend und hinreissend die ganz persönliche Geschichte seines Sehens.
Siebzig Bücher umfasst das Gesamtwerk von Hanns-Josef Ortheil in seinem siebzigsten Lebensjahr. Dazu gehören neben den großen Romanen auch viele Essaybände, Journale, Reise- und Musikbücher. »Ein Kosmos der Schrift« skizziert erstmals die großen Linien und Zusammenhänge dieses Gesamtwerks. In einem ausführlichen Gespräch mit seinem langjährigen Lektor Klaus Siblewski erläutert Hanns-Josef Ortheil die zentralen Strukturen und entwirft eine Selbstanalyse seines Schreibens von den Anfängen in der Kindheit bis heute. Abschließend gratulieren zahlreiche Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter des literarischen Lebens, indem sie auf zwanzig Fragen zu Ortheils »Treiben und Schreiben« antworten und in humorvoller Weise an die Besonderheiten eines von der Literatur geprägten Lebens erinnern.

Veranstaltungen
Lesung und Gespräch in der Katholischen Akademie Berlin
Lesung im Theaterlaboratorium Oldenburg
Lesung in der Buchhandlung Leuenhagen & Paris
Lesung und Gespräch im Diözesanmuseum Freising
Moderation: Erich Garhammer
Lesung und Gespräch in der Stadtkirche Darmstadt
Moderation: Katja Weise (NDR)


